Das Heiligtum der Artemis

Von der Ausgrabung ins Museum

Warum graben Archäologen?

Weil es eine der wenigen Möglichkeiten ist, genau zu wissen, was sich unter unseren Füssen befindet. Um herauszufinden, was sich im Boden befindet, muss man graben! Es gibt zwar Techniken, mit denen Archäologen einige Hinweise finden können, aber keine davon kann die genaue Natur der vergrabenen Überreste aufdecken…

Gut, aber wozu ist das alles eigentlich gut?

Das ist eine gute Frage! Wo soll ich anfangen… Archäologen untersuchen in der Regel das Alltagsleben der Menschen, die vor uns gelebt haben: ihre Lebensweise, ihre Ernährung, ihren Glauben, ihre Technologie und so weiter. Das mag nicht jeden interessieren, aber unsere Gegenwart hat ihre Wurzeln oft in der Vergangenheit. Archäologen kommen auch immer wieder ins Spiel, wenn es darum geht Denkmäler oder Artefakte zu retten, die vom Verschwinden bedroht sind, meist durch eine Baustelle. Wenn man nicht eingreift, um diese Überreste auszugraben, zu beschreiben und zu verstehen, werden sie für immer zerstört und alle Informationen, die sie enthalten, gehen vollständig verloren, ohne dass es eine Möglichkeit gibt, dies rückgängig zu machen.

Wer arbeitet auf einer Ausgrabung?

Archäologen natürlich, aber nicht nur. Wenn du uns in Amarynthos besuchst, wirst du viele Archäologiestudenten antreffen, die hier ihre Ausbildung machen und den Beruf erlernen. Auch Arbeiter sind hier, um uns bei den schwersten Arbeiten zu helfen. Wenn du auf die Ausgrabung kommen würdest, könnte ich dir mehrere Spezialisten vorstellen, denn die Archäologie vereint viele verschiedene Berufsgruppen: Anthropologen, die Knochen untersuchen, Keramikspezialisten, die Töpferwaren zum Sprechen bringen, indem sie oft die bei der Ausgrabung gefundenen Fragmente wieder zusammenfügen, Topografen, die Pläne erstellen, Epigraphiker, die Inschriften entziffern, und Restauratoren, die sich um die zerbrechlichen Funde kümmern. Ein Archäologe hat meist mehrere Hüte auf. Mehr zu diesem Thema findest du hier.

Was genau habt ihr in dieser Stätte gefunden?

Im Moment erlaubt uns die Ausgrabung einen Einblick in das, was das Herzstück eines Heiligtums zu sein scheint, also ein Raum in dem Kulte abgehalten wurden. Es wurden ein Opferaltar und ein Tempel in der Mitte eines grossen Hofes gefunden. Der Tempel diente vor allem als Schutzraum für die Statue der Gottheit und als Aufbewahrungsort für die wertvollsten Opfergaben. Vielleicht weisst du es schon, aber sein Eingang war für Normalsterbliche verboten und nur Priester und Kultdiener durften ihn betreten!

Habt ihr auch andere Gegenstände gefunden?

So viele, dass man sie nicht mehr zählen kann! Mehrere Tonnen Keramik, Münzen und Bronzegegenstände und bald tausend kleine Statuetten… Und ich rede noch nicht einmal von den Dachziegeln, die vom Dach der Säulenhalle gefallen sind und mit denen wir nichts anzufangen wissen… Die meisten von ihnen sind nicht wertvoll, aber sie haben einen grossen historischen und wissenschaftlichen Wert. So auch einige der Dachziegel, ein scheinbar banaler Gegenstand, der mit dem Namen der Göttin bedruckt war. Auf ihnen steht: „Artemidos“, wörtlich: „von Artemis“, also „der Artemis gehörend“. Oder dieser kleine Stier aus massiver Bronze. Es handelt sich um eine Opfergabe, die wahrscheinlich aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. stammt.

Dachziegel mit einem Stempel mit dem Namen der Göttin Artemis

Bronzestier, Weihgabe aus dem 8. Jh. v. Chr.

Was passiert mit diesem Heiligtum wenn die Ausgrabungen einmal beendet sind?

Einige Überreste werden zum Schutz wieder abgedeckt, die wichtigsten werden jedoch restauriert. Dann kann die Ausgrabungsstätte für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, sodass alle Neugierigen das Artemis-Heiligtum in Amarynthos besuchen können. Ausgrabungen sind nur der erste Schritt, danach kommt die Zeit, dieses Erbe sichtbar und für jeden zugänglich zu machen.

Dürft ihr die Gegenstände die ihr findet mit nach Hause nehmen?!

Auf keinen Fall, das ist absolut verboten! Alle hier gemachten Funde sind Eigentum des griechischen Staates. Alle Funde, von den grössten Statuen bis zu den kleinsten Keramikscherben, werden im Archäologischen Museum von Eretria in der nahegelegenen Kleinstadt aufbewahrt und streng bewacht. Dort werden sie zunächst von einem Team von Kuratoren inventarisiert und restauriert, damit sie von Fachleuten datiert, gezeichnet und analysiert werden können. Die am besten erhaltenen und interessantesten Objekte werden in einer Vitrine im Museum ausgestellt.